Sally und Alice

Bei Golden Retrievern trennt sich die Spreu vom Weizen.
Es gibt Hundeliebhaber, die haben Goldies und andere Schlammspringer. Und es gibt Gassigeher, wo der Hund einen weiten Bogen
selbst um einen taubedeckten Grashalm macht. Das sind die vom Leben stark Benachteiligten. Was denen so entgeht, seht ihr im Folgenden.
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Sonntag, 22. November 2009

Die Mönchbruchwiese

Am Ortausgang von Walldorf - Richtung Flughafen Frankfurt - erstreckt sich links und rechts der Okrifteler Straße ein hübsches Wiesen- und Waldgelände.

Um die schlechte Nachricht gleich vorweg zu nehmen, der Verlauf führt ziemlich nahe am Ende der “Startbahn West” des Frankfurter Flughafens vorbei. Dementsprechend kann es zu Lärmbelästigungen kommen. Da es aber “nur” startende Flugzeuge sind, hält sich das noch in Grenzen. Die Startbahn wird vorwiegend nur bei südlichen Windrichtungen und Destinationen benutzt. Außerdem sind die meisten Flieger doch schon recht hoch, wenn Sie das Areal erreichen.

Auf dem Rückweg von einem ausführlichen Sonntagspaziergang musste doch einer meiner Hunde noch einmal schnell für kleine Mädels. Eine kleine Haltebucht kurz vor dem Ortseingang Walldorf war mein Kurzzeitparkplatz. Hinter einem Wildgatter mit kleiner Tür und großem Tor verbarg sich eine wunderschöne breite Wiese. Eingegrenzt von Büschen und Bäumen, die sich zum nahen Waldrand verdichteten.

Es sollte ja nur eine P..-Pause werden. Es wurde aber noch eine Kurzexkursion daraus.

Und Gleichgesinnte Kumpels trifft man hier auch sofort. Man versteht sich eben.

Eine Woche später stand genau diese Wiese auf meinem Sonntagsplan. Ich musste meine Entdeckung doch einmal genauer unter die Lupe nehmen. Geparkt hatte ich mehr Richtung Stadt - direkt am Bauhof + Sportplatz. Mit dem Stand der Sonne navigierte ich mich durch den direkt dort beginnenden Wald und erreichte auch bald eine geeignete Stelle um auf die Wiese zu gelangen. Klasse Wetter, und eine duftende Frühlingswiese strahlten uns (zwei Golden Retriever und Chefchen) entgegen.

Schon jetzt völlig aus dem Häuschen, lies ich den Vierbeinern freien Lauf. Diese Freiheit wurde auch sofort umgesetzt und die beiden rasten mit irrer Geschwindigkeit davon. Nur durch meinen strengen Pfiff (das ist der für Notfälle) konnte ich den Übermut stoppen. Für etwa 3 Sekunden. Dann ging die Hatz weiter. Wenige Augenblicke später waren Beide verschwunden.

Wieder ein Pfiff. Es dauerte etwas, dann erschien nur eine der Mädels. Komisch, wie die aussieht! Dann fing das heftige Schütteln an. Der Grund für das plötzliche Verschwinden war ein Bach, der sich hinter einer Buschgruppe entlangschlängelte.

Das beruhigte mich sofort, da ich nun auch wusste, wo der zweite “Schwund” (1/2 Schwein + 1/2 Hund) abgeblieben war. Kommt nämlich Wasser ins Spiel, siegen die Instinkte. Und richtig: als ich näher kam war schon vor der optischen Wahrnehmung das laute Plantschen zu vernehmen. Bald sah ich auch, daß es sich um erstaunlich klares Wasser handelte, in dem meine Sally umhersauste.

Bachauf, bachab. Nach einigen Minuten hielt sie inne und mit einem schnellen Blick zu mir holte sie sich das o.k. für das weitere Vergnügen. Ich ging derweil auf den gut planierten Weg zu, der sich links vom Bachlauf über die Wiese schlängelte. Meine beiden Wasserratten folgten oder liefen voraus. Aber dies 1 Stockwerk tiefer im Wasser des Baches. Der Weg führte mich in südwestliche Richtung. Das Ufer - vorher noch recht steil und stark bewachsen - ebnete sich und lief in einer morastigen Pampe aus. Das wiederum war ein Signal für Schwund 1 +2. Fast weiß und richtig golden waren die Ursprungsfarben, mit denen die Hunde den Spaziergang begannen. Es brauchte an besagter Stelle aber nur wenige Sekunden und beide waren sich darüber einig, daß eine neue Fellfarbe ´mal einen Test wert wäre.

Mhhmmm…. Mir gefiel´s nicht.
Die Mädels hatten sich für schwarz entschieden. Mein Puls beschleunigte sich geringfügig. Auf dem Rückweg wird der Weg ja wieder mit klarem Wasser enden. Und mein Puls war wieder normal.
Der Weg führte weiter am Bach entlang. Mal Gras, mal Schilf, mal Büsche oder Bäume säumten das fliessende Gewässer. Meine Badenixen kamen auch immer häufiger wieder auf den Weg und die sich verbreiternde Wiese. Den Saum bildete nun mittlerweile zu beiden Seiten ein dichter, hoher Mischwald. Es begegneten uns viele Hunde. Die meisten waren Freigänger. Einige mussten aber auch ihre Herrschaft an der Leine halten. Offenbar kannten sich die Zweibeiner nicht so toll aus. Manche waren schon erstaunt meine mittlerweile gescheckten Goldies zu sehen. Ich konnte aber allen fragenden Blicken standhalten. Das muss so dreckig!
Bei Goldies trennt sich die Spreu vom Weizen. Es gibt Hundeliebhaber, die haben Goldies und andere Schlammspringer. Und es gibt Gassigeher, wo selbst der Hund einen weiten Bogen um einen taubedeckten Grashalm macht. Das sind die vom Leben stark Benachteiligten.
Eine größere Baumgruppe tauchte vor uns auf. Der Bach lief noch immer rechts des Weges in diese Richtung. Hinter den Bäumen erahnte ich einen See. Dieser war aber bei näherer Betrachtung nicht von „unserem“ Bach gespeist. Woher er sein Wasser wirklich bezieht, habe ich noch nicht ermittelt.


Der Weg endete in einen typischen Waldweg – allerdings am Waldrand, dem wir folgten. Und schon nach wenigen Metern ging es über eine Holzbrücke. Rechter Hand der See, linker Hand wieder eine Wiese, die sich Richtung Rüsselheim ausbreitet. ( Mönchbruch ist hier vielleicht als Jausenstation zu empfehlen) Da ich von den Linken aber nichts halte, folgten wir der Mitte Richtung See. Meine Hunde teilen die politische Meinung und waren schon wieder im Wasser.




Nicht nur plantschen, auch schwimmen stand nun an. Schnell waren die Spuren von der Fangopackung wieder verschwunden. Hölzken und Stöcksken musste herbei um die Motivation der Seehunde aufrecht zu halten.
Wie viel Zeit wir im Schatten der Bäume so zugebracht hatten, weiß ich nicht mehr. Aber ein Gefühl in der Magengegend sagte mir, dass es Mittag sein musste. So begannen wir den Rückweg. Auf der anderen Seite des Baches. Bis auf eine kurze, kaum erwähnenswerte Kleinigkeit verlief der Rückweg so, wie wir auch gekommen sind.
Ach ja… die Kleinigkeit. Da hätte ich da doch beinahe die Wildschweinkuhle im Bach unerwähnt gelassen…… Schwund 1 und Schwund 2 hatten die Ausbuchtung offenbar schon einige Zeit vorher in der Nase. Als ich im forcierten Spazierschritt mich näherte war es für Schönheitskorrekturen schon zu spät. Ich wurde von (wieder einmal) schwarzen Hunden (?) schwanzwedelnd begrüßt. Ich hatte erhebliche Mühe den beiden begreiflich zu machen, dass ich nicht so begeistert war.
Wenn Sie das nicht kennen, hier ein Versuch der Erklärung: Stellen Sie sich den schlimmsten Gestank vor, der Ihnen jemals in die Nase gekommen ist. Rechnen sie diesem mit „Hoch 7“ und multiplizieren Sie das Ergebnis mit 3,14. Das Ergebnis entspricht etwa 10 % dessen, was meine viel zu große Nase zu verkraften hatte.
Grübel…. Ich hab´Hunger…. Grübel….. so kommen „die“ nicht ins Auto….. Grübel…. Zurück zum See….
Merkwürdige Blicke begegneten mir. Bei einigen Spaziergängern glaube ich auch Tränen bemerkt zu haben.
Wir kamen zum See und ich suchte eine nicht so stark frequentierte Stelle aus.


Rein ins Wasser. Hölzken und Stöcksken im Wechsel und schon nach nur 30 Minuten war die Optik wieder hergestellt. Bei den Schwimmstrecken zogen die Beiden eine sehr dunkle "Fahne" im Wasser nach sich.
Für den Rückweg bestimmte ich nun den breiten Weg am Waldrand entlang.


Weit entfernt vom Bach und der Badestelle für Obelix´ Leibspeise.

Damit die Viecher nicht noch einmal auf eine schräge Idee kamen, ließ ich sie schön „Fuß gehen“. Es kam mir vor, als würden die Jogger, die uns überholten unkontrolliert torkeln und Radfahrer einen Zick-Zack-Kurs einschlagen. Na, auf die Windrichtung kann ich ja nicht auch noch achten! Wie kann man nur so empfindlich sein?
Irgendwann musste ich aber wieder auf die andere Seite des Baches, um ans Auto zu gelangen. Hier kam mir wieder eine Holzbrücke zu Hilfe. Die Begegnung mitten auf der Brücke wollte ich hier eigentlich verschweigen. Aber zur ganzen Story zählt auch das:



NACHTRAG

Auf mehrfachen Wunsch eines einzelnen Herren, gebe ich nun also doch wieder, was sich auf der schmalen Holzbrücke zugetragen hat.
Wer bei meinen übrigen Berichten gut aufgepasst hat, weiß, daß Alice (das ist die goldfarbene - wenn sie nicht gerade schwarz ist) eine Kampfschmuserin ist. Sie hat bereits die schwarze Leine (am anderen Ende mit Trotteln) im Dauergestreicheltwerden. Alice ist sehr stark auf Menschen fixiert. Andere Hunde müssen schon verdammt aufregend sein, bevor sie eines Blickes gewürdigt werden. Aber die Herrschaft wird sofort taxiert und in eine der 3 Schubladen eingeordnet.
1) Lächelt, bückt sich beim Näherkommen, kann hervorragend streicheln und besitzt eine unerschöpfliche Ausdauer darin. Verzeiht auch mal einen Fleck oder das Anspringen aus lauter Freude beim Wiedersehen.
2) könnte man bei richtiger Erziehung auch zur ersten Gruppe bekommen. Nur die Kondition ist stark verbesserungswürdig. Training ist angesagt.
3) Unmögliche Leute! machen vielleicht sogar einen Bogen, wenn man ausnahmsweise mal etwas schmuddelig oder miefig oder auch nur naß daherkommt. Die würden ihren Selbstgestrickten sicher Wotan oder Zeus, nennen, auch wenn er nur die Größe einer Teppichratte hat.
Durch die großzügige Auslegung der Bedingung und die fast fließenden Grenzen der 3 Gruppen, sind ca. 94 % der Zweibeiner in der 1 zu finden. Mehr als fünf Prozent tendieren zur 2. Gruppe. Der Rest ist Schweigen.
Als wir in der Reihenfolge Alice, Sally und dann ich so über die Brücke gingen, kam uns ein Ehepaar ( ohne Hund ) entgegen. Es war Sonntag im Mai und noch immer ein traumhaftes Wetter. So waren die Herrschaften auch passend für den Sonntagsspaziergang gekleidet. Ich warnte noch “Nass und schmutzig” . Der Herr kam völlig problemlos an beiden Schwundis vorbei. Seine schwarze Hose weckte nicht das Interesse der Mädels. Anders bei der Frau, die etliche Schritte hinter dem Göttergatten einherschritt.
“Herr im Himmel”, dachte ich mir noch und rief meine Alice zurück. Die Dame in einem hell-cremefarbenen Hosenanzug bückte sich und lächelte. Ganz klar Kategorie 1 !
Das Rufen völlig ignorierend ging Alice stolz erhobenen Hauptes und schwanzwedelnd auf die arme Frau zu. Rein äußerlich war ja nicht mehr so viel zu sehen. Die Überraschung lauerte in der Unterwolle.
Frau also in der Hocke und Hund davor. “Achtung fettig und heiß” hätte ich vielleicht rufen sollen. Aber die beiden Hände steckten schon tief im Fell. Und da war er auch schon. Der entsetzte Gesichtsausdruck, daß aus dem glänzenden Fell sich eine zähe schwarze Pampe löste, die an den Fingern haftete. Reflexartig zog sie ihre Hände zurück und griff in die Tasche um ein Taschentuch zu greifen. Das allerdings hinterließ einige Spuren rings um die Tasche. Die Frau bemerkte die nicht sofort. Ich war in der Zwischenzeit zu ihr geeilt um meine streichelsüchtige an die Leine zu nehmen. “Ach lassen Sie nur, ich liebe Hunde”
“Auch wenn Sie nach Wildschwein riechen?”
Schweigen. Vorsichtig zog sie ihre Hand aus der Tasche, und roch daran. Das Aroma muß betörend gewesen sein. Dann fiel auch die verdreckte Tasche auf.
“Uiiii” war alles was die Frau hervorbrachte und ich wartete auf das Donnerwetter von Nichthundebesitzern. Das blieb aus. Statt dessen bückte sich die Frau erneut und streichelte noch einmal. “Jetzt isses auch egal”.
Nach dem Austausch der Adressen verabschiedeten wir uns in aller Freundschaft. Der Rest des Weges gestaltete sich recht harmlos und das Auto war bald erreicht. Ein wunderschöner Sonntagmorgen endet hier. Nicht aber die Geschichte. Die fand ihre Fortsetzung mit einer Fahrt mit offenen Fenstern, vollem Gebläse Richtung Heimat. Dort angekommen wurden zunächst die Matten und Decken entfernt. Das Auto stand den Rest des Tages mit geöffneten Türen und Heckklappe (ich glaube sogar Motorhaube) im Hof. Die Mädels wurden kräftig gebadet. Am Montag besorgte ich mir eine Palette Raumspray und alles war wieder gut.

Völlig abhaken konnte ich die Sache nach weiteren 3 oder 4 Wochen. Es war wirklich zu Ende, als mich abends der schwarzbehoste Ehemann anrief um mir zu danken !????? Er konnte den Anzug seiner Frau noch nie leiden.


( Die Fotos sind bei anderen Besuchen der Mönchbruchwiese entstanden. Ich wollte keine exakte Nachstellung der Schlüsselszenen, weshalb die Fantasie des Betrachters gefordert ist.)

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